Project Immobilien Insolvenz

Die noch vor Kurzem als zukunftsträchtig angesehene Immobilienbranche rutscht immer tiefer in die Krise. In den letzten Monaten häuften sich die Nachrichten, dass der Markt ins Wanken gekommen ist. Käufer, Investoren und die gesamte Baubranche sind verunsichert. Die Bekanntgabe der Insolvenz des Nürnberger Immobilenentwicklers Project Immobilien sorgt für weitere Beunruhigung.

Project Immobilien hatte zahlreiche geplante Vorhaben, deren Budget in der Höhe von mehreren Milliarden rangierte. Jetzt ist das Unternehmen pleite. Von den aus vier Gruppen bestehenden zugehörigen Firmen haben bereits drei einen Insolvenzantrag gestellt. Zu befürchten ist, dass auch die noch verbliebene Holding Project Estate AG in Kürze diesen Schritt gehen muss. Der Geschäftsbetrieb von Project Immobilien soll laut Insolvenzverwalter, der Nürnberger Kanzlei Schultze und Braun, fortgeführt werden. Derzeit wird geprüft, ob eine Sanierung und damit die Fortführung der Bauprojekte juristisch tragbar ist.

Eine der Hauptursachen für die Schieflage liegt laut Angaben der Insolvenzverwalter an den infolge des Ukrainekrieges drastisch gestiegenen Baukosten. Die hohen Mehrkosten konnten nicht an die Kunden weitergegeben werden, so die Anwälte weiter. Dies und die im gleichen Zeitraum stark gestiegenen Immobilienzinsen bereiten nicht nur Project Immobilien, sondern auch vielen anderen Unternehmen große Probleme. So ist die Insolvenz der Project Gruppe nur eine von vielen, die in den letzten Monaten von sich reden machten.

Die Project Gruppe

Project Immobilien ist vor allem in den Ballungszentren Deutschlands tätig. Mit rund 60 bereits betreuten Bauprojekten, zum Beispiel in München, Hamburg, Nürnberg, dem Rheinland und dem Rhein-Main-Gebiet und weiteren Bauvorhaben gleicher Größenordnung mit einem Investitionsvolumen von mehr als 3 Milliarden Euro gehört Project Immobilien zu einem der „Baulöwen“ am Markt. Bisher warb das Unternehmen damit, dass alle Bauvorhaben ausschließlich mit Eigenkapital finanziert werden. Noch vor wenigen Tagen versprach Project Immobilien seinen Kunden eine hieraus resultierende „größtmögliche Sicherheit und Verlässlichkeit“.

Nach dem ersten Schock für die Käufer von Wohnungen der Project Gruppe, versucht der Insolvenzverwalter zu beruhigen. Volker Böhm und seine Kollegin Elske Fehl-Weileder von der Kanzlei Schultze und Braun gehen davon aus, dass sich für den größten Teil der 1850 in Planung befindlichen Bauprojekte eine zielführende Lösung finden lässt. Angestrebt ist, den Schaden für die einst auf Project Immobilien vertrauenden Wohnungskäufer so gering als möglich zu halten. Hierzu ist eine Fertigstellung der einzelnen Bauvorhaben geplant, so Böhm gegenüber der WirtschaftsWoche. Die Baukosten der Nürnberger Projekte sollen zum überwiegenden Teil gedeckt sein, sodass aller Voraussicht nach zu Ende gebaut werden könne, äußerte sich Böhm im Gespräch mit dem Magazin.

Voraussetzung für ein Gelingen des „Nürnberger Modells“ in anderen Städten sei, dass die Wohnungskäufer zustimmen, dass eine externe Firma die Fertigstellung übernimmt. Hierdurch sollen der Weiterbau gesichert und eine Kaufpreiserhöhung vermieden werden. Einen Haken hat das Modell – es lässt sich nur dann erfolgreich umsetzen, wenn die betroffenen Bauherren nach dem Neubeginn auf Schadenersatzforderungen für die verspätete Fertigstellung verzichten. Böhme ist zuversichtlich, dass dies mangels anderer Alternativen eine gute Lösung für die Käufer ist. Seine Planungen gehen dabei bereits sehr viel weiter. Der Jurist möchte das „Nürnberger Modell“ auch auf andere Bauprojekte der Project-Gruppe anwenden.

Wie konnte es zu einer Krise der Project Gruppe dieses Ausmaßes kommen?

Der Weg in die Project Immobilien Insolvenz wurde laut Böhm von etlichen teils hausgemachten, teils strukturellen Problemen bereitet. So wurden die Bauprojekte zum Beispiel von verschiedenen Fonds finanziert. Die hierzu benötigten Investitionen wurden von privaten und institutionellen Anlegern getätigt. So konnte die Project Gruppe bankenunabhängig agieren. Über ausreichend „echtes“ Eigenkapital verfügte sie hingegen nicht. Das Versäumnis von Project begründet sich auch darin, dass in den „goldenen Zeiten“ keine Rücklagen gebildet wurden, um mögliche Krisen zu überstehen. Durch die jüngsten Kostensteigerungen und Materialengpässe geriet die Finanzierung der Projekte nun ins Wanken. Nachschüsse der Fondanleger waren angesichts der Situation nicht realisierbar. Fremdfinanzierungen und Kredite von Banken waren ebenfalls nicht möglich, was Böhm mit regulatorischen Gründen erklärte. Infolge einer zentralen Abrechnung aller anfallenden Handwerker- und Baufirmenkosten über lediglich eine Gesellschaft, die den Schritt in die Insolvenz gehen musste, waren Baustopps unvermeidbar.

Die Insolvenzen in der Baubranche wie die der Project Gruppe, der Euroboden in München und der Düsseldorfer Unternehmen Centrum, Gerch und Development Partner, werden nach Ansicht des Verwalters Böhm nicht die letzten gewesen sein. Durch die gestiegenen Finanzierungskosten bei gleichzeitig steigenden Baupreisen ist der Immobilienverkauf stark eingebrochen. Die Zukunft ist ungewiss. Das schreckt viele Interessenten ab. Zahlreiche Bauträger melden, dass Eigentumshäuser und Wohnungen erst nach Monaten im schlimmsten Fall gar nicht verkauft werden können. Keine rosigen Zeiten – auch nicht für Handwerker und Bauunternehmer.

Laubach